Radmarathon Ötztal

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Radmarathon ÖTZTAL

Ein ausgiebiges, eher hastig eingenommenes, Frühstück ist Beginn eines graublau schimmernden Augustmorgens, an dem Radfahren vor Sonnenaufgang angesagt ist. Man muss das mögen – oder man steht mit 4.000 anderen Hobbyradfahrern am Start des Ötztaler Radmarathons. Und auf den freut man sich!

Sölden, Sechs Uhr Dreißig: Die Frühschichtler stehen auf der B186, der Ötztaler Bundesstraße, und warten. Plaudern mit dem Nebenmann, scherzen verhalten. Bald werden die Gipfel, allesamt 3000 und mehr Meter hoch, von ersten Sonnenstrahlen beleuchtet. Guten Morgen – hier beginnt dein Traum! steht am Starttransparent.

Das Tal scheint viel zu eng für die Meute von Radfahrern. Nervosität ist greifbar. Müsli, bitte bleib unten! Alles wirkt irgendwie unwirklich. Hektische Betriebsamkeit, Lautsprecheransagen, unzählige Körper, die in ihrer Buntheit wie Schmetterlinge mit Helm aussehen. Der Geruch muskelwärmender Präparate schwängert die Luft. Die Uhr tickt. „…it`s a long way home“ sind die letzten Takte Musik, die von den Teilnehmern wirklich wahrgenommen werden. Der eine oder andere „Stinkefinger“ erhebt sich wegen dieser Anspielung auf die zu bewältigende Distanz und Höhenmeter über die Köpfe der Fahrer. Schon erhebt sich laut knatternd der Hubschrauber des Fernsehteams, waghalsig hängt ein Kameramann bei der Tür heraus.

Punkt 6:45 Uhr – zeitgleich mit dem Kanonenschuss der Ötztaler Schützen – hebt sich das Startband und pünktlich zum Rendezvous mit dem eigenen Schweinehund nimmt das Starterfeld der Ötztaler Sonntagsrunde Fahrt auf.

Der Ötztaler Radmarathon ist gestartet. Auf geht’s! über vier Pässe, durch drei Klimazonen verteilt auf 238 km, die mit 66 Kehren gespickt sind. Im Ziel in Sölden werden die Klein-Computer an den Rennrädern nach frühestens 7 und längstens 14 Stunden Fahrzeit vermelden: 5500 Höhenmeter hast du heute bewältigt!

Das Startprocedere dauert rund 20 Minuten. In dieser Zeit rollt ein Radfahrer nach- und nebeneinander durch das spätsommerliche Skidorf Sölden. Das Geräusch, das ein einzelner Radfahrer auf seinem leichtgewichtigen, windschlüpfrigen Rad erzeugt, ist fast nicht wahrzunehmen. Das Kettenrasseln und -surren, das dieses riesige Starterfeld verursacht, wenn es geschlossen dahin rollt, ist jedoch weithin zu hören. Es ist ein sehr angenehmes Geräusch. Rund Tausend Zuschauer sind bereits auf den Beinen. Verwandte, Bekannte, Freunde, Radfans, Zimmervermieter, die ihren Gästen zuwinken, schauen sich die munteren Helden an, die stolz, zuversichtlich und frohen Mutes den Ötztaler Radmarathon in Angriff nehmen.
Noch schauen die Fahrer und Fahrerinnen gesund und entschlossen aus. Das Motto so klar wie der Rettenbach, der vom gleichnamigen Gletscher kommt und mitten durch Sölden schießt. Unbeschreibliche Entbehrungen und hartes Training haben die Starter, die am „Ötztaler“ teilnehmen, hinter sich, kräfteraubende Höhenmeter und steile Rampen vor sich. Ob die 10.000 Trainingskilometer der 9monatigen Vorbereitungszeit ausreichen, um ans Ziel zu kommen? Viele haben sich nach Plänen gezielt aufgebaut, manche je nach Lust und Laune trainiert. Für alle Radfahrer aber gilt: volle Konzentration, Respekt und Vor- und Rücksicht.
Nachdem der Tross Streckenabschnitt um Streckenabschnitt bewältigt hat, taucht man quasi in die Anonymität ab, ist Teil des lang gezogenen Feldes, hat nur noch ein Ziel vor Augen: Vor 20h30 Uhr in Sölden anzukommen, wohl wissend, dass dann die Podiumsplätze der besten drei und die Pokale längst vergeben sind, viele schon geduscht bei der Pasta Party in der Freizeit Arena sitzen und sich dabei Erlebnisse erzählen, die jenen, die zehn Stunden und mehr benötigen, gerade erst passieren. Aber man bleibt bescheiden: Das ist natürlich nichts gegen die Helden der ersten Tour de France Etappe, die 1903 von Paris über 467 km nach Lyon führte, und der Erste dort nach knapp 18 Stunden eintraf.

Auf der Strecke bilden sich die verschiedensten Typen heraus wie der Beißer; der Schnaufer; der Sehnige; der Wanderer. Im Laufe des langen Tages werden sie für den Rennleiter zu vertrauten Figuren, zu Menschen aus Fleisch und Blut, mehr noch: Schweiß und Mut. So wie bei den meisten schwierigen Radmarathons treffen auch beim Ötztaler Radmarathon drei völlig verschiedene Leistungsgruppen aufeinander. Etwa 100 von den 4000 Startern wollen den Sieg. Rund 1000 Teilnehmer sind um eine persönliche Bestzeit bemüht, die sie sich selbst vorgeben. Der große Rest, also die Mehrheit der Teilnehmer, kämpft ums nackte Durchkommen. (TW)

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